16.09.2019, Presseerklärung | Rückgaben statt „Leihgaben“
16.09.2019 | PRESSEERKLÄRUNG
Rückgaben statt „Leihgaben“: Stiftung Preußischer Kulturbesitz muss Besitzanspruch auf koloniales Raubgut aus Namibia aufgeben
Im Rahmen eines Kooperationsprojektes will die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) 23 von 1400 Museumsobjekten aus der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ an Namibia verleihen. Das hat die Institution in der Einladung zu einer Pressekonferenz, die am 18. September 2019 stattfinden soll, bekannt gegeben.
Das NGO-Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ begrüßt das wegweisende Kooperationsprojekt des Ethnologischen Museums in Berlin mit der Museums Association of Namibia (MAN) sowie die geplante Zusammenarbeit mit dem National Museum und der University of Namibia. Die Öffnung der Berliner Museumsarchive und -depots für die Nachkommen Kolonisierter und die Bereitschaft zur Rückführung von Objekten, deren fairer und rechtmäßiger Erwerb nicht nachgewiesen werden kann, sind zweifellos wichtige Schritte zur Aufarbeitung und Wiedergutmachung kolonialhistorischen Unrechts.
Wenn diese 23 Objekte jedoch als „Leihgaben“ der SPK nach Namibia zurückgeführt werden, dann stellt das einen Schritt in die falsche Richtung dar: der Besitzanspruch der bundesdeutschen Stiftung wird damit nicht aufgegeben, sondern erneut bekräftigt. Die „Ausleihe“ von Kulturschätzen, die im Zuge kolonialer Herrschaft nach Berlin verbracht wurden, ist ein paternalistisch anmutender Akt postkolonialer Anmaßung. Mit dieser Pseudo-Großzügigkeit wird die Würde der Nachfahren enteigneter und teilweise fast ausgelöschter Gesellschaften erneut verletzt.
Nötig ist vielmehr ein offizielles Eingeständnis kolonialen Unrechts, verbunden mit dem proaktiven und bedingungslosen Angebot der Rückgabe der Objekte. Die Bereitschaft zur Restitution darf sich dabei nicht auf die ausgewählten Artefakte beschränken. Sie muss vielmehr alle Objekte umfassen, die während der deutschen Herrschaft unrechtmäßig aus dem heutigen Namibia in die bundes- und ländereignen Sammlungen Berlins verbracht wurden.
Der Berliner Herero-Aktivist Israel Kaunatjike vom Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ sagt: „Wir wollen von Deutschland eine Anerkennung, eine Entschuldigung und eine Entschädigung für Kolonialismus und Völkermord. Zur Wiedergutmachung gehört neben der überfälligen Rückführung aller Gebeine unserer Ahnen auch die Rückgabe aller Kulturschätze, die man uns genommen hat. Vielleicht lassen wir dem Berliner Museum dann eine gewisse Anzahl als Leihgaben. Vielleicht aber auch nicht.“
Presseeinladung der SPK: https://idw-online.de/de/event64641
Kontakt:
Israel Kaunatjike, Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ <kalahari-berlin(at)web.de> 030 21 56 836
Christian Kopp, Berlin Postkolonial <buero(at)berlin-postkolonial.de> 01799 100 976